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Freitag, 24. März 2017

Nachttisch

Mein erstes Möbelstück aus Massivholz - oder Vollholz, wenn euch der Begriff lieber ist. Die Tischlergelehrten streiten da wohl noch um eine klare Abgrenzung. Ich selber tendiere zu letzterem, benutze hier aber ausnahmsweise ersteres - der Alliteration wegen. Massivholz-Möbel. Klingt doch griffig. Auch der Rest des Beitrags wird angenehm griffig, denn ich beschränke mich heute auf das Wesentliche. Und als Sahnebonbon gibt es das fertige Massivholzmöbel gleich vorneweg. Für alle Freunde des Selbermachens zeige ich danach gerne noch, wie das Schmuckstück entstanden ist. 


Irgendwann im letzten Jahr waren von einem Auftrag für einen Restaurantaufsteller noch einige unliebsame Reste Lärchenholz übrig geblieben. Umliebsam weil (a) theoretisch zu wenig für ein Möbelstück und (b) unangenehm kurz für die meisten Maschinen. Ich habe sie trotzdem aufgehoben. Zum Glück :) Eine Zeichnung hatte ich natürlich im Vorfeld angefertigt *zwinker* Ich habe dann grob überschlagen, ob ich mit den entstehenden Klein- und Kleinstbrettern hinkommen könnte. Ich kam, wenn auch knapp. 


Die Bretter habe ich als erstes brav besäumt (heißt: das gute Kernholz von Borke und minderwertigem Splintholz befreit) und der Länge nach aufgetrennt. Das wirklich spannende an diesem Arbeitsschritt ist aber eigentlich, die einzelnen Bretter nach ihrer Qualität zu beurteilen und schon hier späteren Bauteilen mit entsprechenden Anforderungen zuzuordnen.


Dann folgen weitere Standard-Arbeitsschritte bei der Vollholzbearbeitung. Sie seien hier der Vollständigkeit halber wenigsten einmal erwähnt. In späteren Beiträgen werde ich mir und euch diese Azubi-Basics ersparen. Ihr merkt schon: der Anspruch an die Leserschaft wächst :)

Nächster Schritt: die Bretter abrichten (hierbei wird ein rechter Winkel zwischen einer Kante und einer Seite hergestellt). Dann noch ein mal horizontal auftrennen, damit ich möglichst viele filigrane Brettchen für den Nachttisch aus dem wenigen Holz herausbekomme. Die Brettchen werden dann noch parallel gehobelt (heißt: ein Brett mit rechtwinkligem Querschnitt entsteht), bevor sie wieder zu breiteren Flächen verleimt werden. 


Ähh, wie bitte? Erst klein schneiden und dann wieder verleimen? Brennt dir der Helm? 

Da habt ihr gut aufgepasst! Aber da wäre jetzt echt ein krasser Exkurs in die Holzkunde nötig. Um das relativ kurz (und fachlich unvollständig) zu erklären: Holz ist gar nicht wirklich tot. Die Zellen sind durchaus noch in der Lage, Wasser (besonders in Form von Luftfeuchtigkeit) aufzunehmen und abzugeben. Dabei kann sich das Holz entsprechend ausdehnen und zusammenziehen. Gemeinhin wird das als "das Holz arbeitet" bezeichnet. Dass sich mein Tischchen auf diese Weise verziehen und das Holz sogar reißen kann, ist ziemlich uncool, aber abstellen kann man diesen Effekt leider nicht. (Fachleute mögen hier aufschreien, aber wir präzisieren diese Aussage ein anderes Mal. Für den Moment halten wir es wie mit der Mathematik in der ersten Klasse: 2 minus 5 ist nicht lösbar.) Weiter: da wir den Effekt nicht abstellen können, wollen wir ihn doch wenigstens so klein wie möglich halten. Hier muss ich abermals abkürzen und behaupte lediglich folgendes: Schmale, fachlich richtig wieder zu einer Fläche verleimte Bretter verziehen sich weniger schlimm, als ein einziges breites Brett mit gleicher Fläche. Die Erklärung bleibe ich heute einfach mal schuldig. Zeit für ein Bild, oder?


Als nächstes wird die Oberfläche der fertigen Materialien geschliffen und wir können noch einen verträumten Blick auf das wunderschöne Gold des Waldes werfen: gold-orange leuchtende Lärchenbretter. Geil :D


Genug geträumt, jetzt wird geschnippelt. Also mal eben einen Blick auf die Zeichnung und die Materialliste geworfen, alle Teile zugeschnitten, Nuten und Fasen für den Schubkasten gefräst (was übrigens auch kein fachlich solider Schachzug war) und die Tischbeine konisch ausgehobelt, damit die nicht so langweilig rechteckig daher kommen. Oh oh, ich höre es doch schon wieder rufen: 

Daniel, warum hast du denn vorhin soviel Zeit investiert, alle Bretter schön rechteckig zu hobeln, wenn du sie jetzt wieder schief machst?

Ähm.. ja.., gute Frage eigentlich! Das liegt ein bisschen daran, dass ich eher mit Maschinen arbeite und weniger freihändig. Viele dieser Maschinen kommen mit rechten Winkeln einfach besser zurecht, als mit dem Holz, wie es im Wald zur Erde fällt. Ähhh... capito? Nein? Wie wäre es mit einem neuen Bild? *puh*


Nun, da ich mich erfolgreich aus der Frage raus gewieselt habe: Es fehlt noch die finale Oberflächenbearbeitung. Ich habe mich für eine weiße Lasur entschieden und diese halbtransparent mit sichtbarem Pinselstrich aufgetragen, damit sich das Nachttischchen besser in die Ikea-Umgebung des Schlafzimmers integriert fühlt. Neben der farbgebenden Wirkung trägt die Lasur übrigens auch ein wenig dazu bei, dass das Holz nicht so viel Feuchtigkeit aufnimmt und abgibt.


Zuletzt werden alle Bauteile miteinander verleimt und es entsteht der sogenannte Zwingenigel :)


Da ihr das Ergebnis ja nun schon kennt, der Beitrag aber ohne dieses irgendwie in der Luft aufhört, gibt es noch ein kleines vorher-nachher-Bild. Ich freue mich wie immer über Kommentare pedantischer Bildfehlersucher, scharfer Kritik an meinen einjährigen Tischlerfähigkeiten und ermutigen Zuspruch. CYA


1 Kommentar:

  1. Hallo und vielen Dank für den tollen Artikel zu den Massivholzmöbeln. Meine Nachbarin hatte Massivholzmöbel gebraucht gekauft. Ich durfte das edle Stück bestaunen. Es ist leider schade, dass heute alles aus Sägespänen zusammengeleimt wird. Wer einmal einen Schrank aus Massivholz ab und wieder aufgebaut hat und dass in wenigen Minuten der weiß wie wertig so etwas ist.

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