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Sonntag, 22. Januar 2017

007 - Lizenz zum Türmen

Eine meiner ersten Erinnerungen an Berlin zeigt mich - mit einer Schrankrückwand in der einen und einem Strauß Blumen in der anderen Hand - in einer U-Bahn sitzend. Beides hatte ich gerade aus Magdeburg mitgebracht, um es in die neue Wohnung meiner Freundin zu bringen. Ich erinnere mich jedenfalls gut daran, dass das offensichtlich niemandem komisch vorkam. Im Gegenteil. Nicht einen einzigen Blick auf den Kleinstädter mit dem ungewöhnlichen Gepäck konnte ich wahrnehmen. Heute erzähle ich hin und wieder von dieser Fahrt, wenn das Thema auf die kleinen Verrücktheiten Berlins fällt, und wie alltäglich sie für mich geworden sind. Mir ist inzwischen längst klar, warum sich niemand für meine Wand interessiert hatte. Die halbe Stadt scheint ihren IKEA-Einkauf mit den Öffentlichen zu transportieren. Da hebe selbst ich nicht mehr den Kopf, wenn jemand mit einer Couch unter dem Arm in die Straßenbahn marschiert. 

Ein Bekannter sprach neulich auf einem Geburtstag in Kreuzkölln von einer Berlin-Blase, in der wir hier leben würden. Warum wir eine - brav nach Zutaten getrennt geschichtete - Brotbackmischung im Glas verschenken, wäre ihm schleierhaft. "In Lüneburg würden wir sagen: was soll ich mit dem Scheiß? Ein Brot kaufe ich beim Bäcker!" Ich finde, er hat Recht damit. Einerseits. Im Ernst: da hocken wir in unseren toleranten Großstadtcafés und echauffieren uns über den kleinen Tellerrand Daheimgebliebener, während wir Omas Traditionskuchen, in seine Bestandteile zerlegt, geschichtet und vakuumverpackt, nur im heimischen Regal bestaunen bis er vergammelt, anstatt ihn zu essen.

Anderseits wäre mir der ganze Wahnsinn dieser Stadt total verborgen geblieben, wäre ich nicht samt Rosen und Rückwand nach Berlin gezogen. Unter den ganzen Schrullen, Eskapaden und Kapriolen dieser Stadt, finden sich nämlich auch etliche sympathische Marotten, von denen ich einige nur zu gerne meine eigenen nenne. Insofern bin ich dir zwar sehr dankbar, Paul*, dass du einen Katheter in meine Berlin-Blase gestoßen und mich für eine Weile der Berlinblindheit beraubt hast. Ohne die Tollheit dieser Stadt jedoch, wäre ich wohl auch nie auf die Idee gekommen, plötzlich Tischler zu werden.

Apropos (und damit schlage ich nun endlich den längst überfälligen Bogen zur Überschrift): Ich habe im November bei eisigen 4°C meinen Staplerschein gemacht. Verrückt, oder?! :)





*Name angeblich geändert

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